Ein schönes Plätschern

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Das Leben plätscherte dahin. Es war ein schönes Plätschern. Nach den Urlauben im Sommer wurde ich wieder sesshaft. Ich war halb in Berlin und halb in Düsseldorf. Unglaublich – ich war verliebt und wir hatten Zeit diese Fernbeziehung zu führen. Ich war mal eine, mal zwei Wochen in Berlin und dann wieder in Düsseldorf. Das Gefühl sie zu vermissen konnte ich leicht durch eine Zugfahrt verschwinden lassen. Es fühlte sich natürlich an. Ihr Sohn war gerade drei geworden als wir uns wieder getroffen haben. Er hatte bisher kaum Kontakt zu seinem Vater. Irgendwie schade und traurig. Es war leicht für mich eine Bindung zu ihm aufzubauen. Als ich sie das erste Mal zuhause besuchte, nahm er mich komplett in Beschlag und zeigte mir das gesamte Spielzimmer inklusive Vorführung aller Spielzeuge. Wir waren so vertieft, dass meine Freundin sich wunderte , ob ich denn wegen ihr hier war oder wegen ihm. Ganz dramatisch war auch der erste Abschied nach längerem Besuch. Der Kleine weinte bitterlich. Er hatte erfahren, dass man nicht unbedingt wiederkommt, auch wenn man das verspricht. Das würde er jetzt lernen. Und das tat er schnell. Tränen beim Abschied gab es nicht wieder.
Der Herbst kam. Am Wochenende machten wir einen Ausflug zum Viktoriapark in Kreuzberg. Traumhaftes Herbstwetter war unser Begleiter. Im Park wurden riesige Seifenblasen kreirt und ich kaufte mir in der Bergmannstrasse feste Schuhe für den Berliner Winter. In einem Café sagte einer von uns dann, dass dieser Kiez schön zum Wohnen wäre. Lustig, dass wir knapp ein halbes Jahr später 20 m entfernt von dem Café unsere gemeinsame Wohnung beziehen würden. Ich dachte schon sehr früh darüber nach, nach Berlin zu ziehen und wollte hier niemanden überfordern mit meiner Klarheit. Jetzt erinnere ich mich nicht mehr wer gesagt hat, dass dieser Kiez schön zum Wohnen sei. Im Nachhinein ein gutes Indiz dafür, dass das Tempo nicht zu schnell war.

Ich konnte jetzt auch immer wieder bei den täglichen Aufgaben helfen. Man macht sich gar kein Bild was da alles anfällt und wie wenig Zeit man dafür hat. Berufstätige Alleinerziehende sind für mich große unsichtbare Helden unserer Gesellschaft. Den Kleinen von der Kita abholen und auch mal einkaufen. Ich fing langsam an. Der Laternenumzug in diesem Herbst ist mir noch gut in Erinnerung. Die Blicke der anderen Eltern. Aufregend, aber auch schön. Es war etwas besonderes dabei zu sein und Teil einer kleinen Familie zu werden.

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